Dionysos-Dithyramben op. 5

von Marcus Bernard Hartmann


Die Dionysos-Dithyramben op. 5 sind Vertonungen von Friedrich Nietzsche Texten. In den vier Kompositionen „Nur Narr, nur Dichter", „Das Feuerzeichen", „Letzter Wille" und „Die Klage der Ariadne" bestimmt der jeweilige Text Form und Charakter. Jede Silbe findet ihre Entsprechung in einem Klang und kehrt ein Wort im Text wieder, so hört man auch wieder den gleichen Klang oder die gleiche Klangfolge.

Eine von der musikalischen Struktur bestimmte Wiederholung kommt demnach nicht vor; es entsteht eine Kontinuität, die derjenigen des Textes entspricht. Motive sind wieder erkennbar, wenn ein Wort - selten sogar ein Satz - im Text wiederkehrt. Aus diesem Konzept bildet sich eine ganz eigene melodische Linie, die in der Wahrnehmung eine Klang-Suade suggeriert.

Eine weitere Wort-Klang-Entsprechung findet man im Intermezzo des vierten, den Zyklus abschließenden Stücks. In „Die Klage der Ariadne", dann, wenn der Auftritt des Dionysos angezeigt wird, entfaltet sich die klangliche Umsetzung des Namens Nietzsche.

Im Zusammenklingen aller zwölf auf dem Klavier zur Verfügung stehenden Töne (sechs Töne in einem Akkord, die restlichen sechs in einer melodischen Folge) bildet sich ein Klang, der dem Wort „nie" entsprechen soll. „Nie" wird es dem Menschen möglich sein das Eigentliche der Welt zu verstehen, trotz aller ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Dem Laut „tz" entspricht ein schroffer, dissonanter Klang, der einen Seufzer suggerieren soll: die Dissonanz unterbricht jäh das Verklingen des „Nie-Klangs". Aus der Stille der abrupten Unterbrechung erklingen die Töne es c h e, die den letzten vier Buchstaben des Namens Nietzsche entsprechen. Der Quart-Schritt h e kontrastiert mit dem dissonanten Tritonus im „Nie-Akkord" und soll trotz Resignation tröstlich stimmen.

Die Dionysos-Dithyramben op. 5 sind die bisher anspruchsvollste Komposition von Marcus Bernard Hartmann.

Noten/Hörprobe Dionysos-Dithyramben op. 5